Russland bei Hyperschall einholen: Wo bleibt der Durchbruch der USA?

  27 Auqust 2019    Gelesen: 741
  Russland bei Hyperschall einholen: Wo bleibt der Durchbruch der USA?

Dass sie eine Hyperschallwaffe entwickeln, die wegen des Gefechtskopfs und der Reichweite vom INF-Vertrag verboten wäre, verhehlen die Vereinigten Staaten inzwischen nicht mehr. Nach dem Ausstieg aus dem Abrüstungsvertrag habe Washington endlich freie Hand, erklärte der Army-Minister Ryan McCarthy. Woran arbeiten die US-Entwickler?

Washington gibt Unsummen aus, um Russlands Vorsprung bei Hyperschalltechnik aufzuholen. Bislang ist Russland das einzige Land, das offiziellen Angaben zufolge über Hyperschallwaffen verfügt: Präsident Putin erklärte im Februar dieses Jahres, die Serienfertigung des strategischen Waffensystems „Awangard“ sei angelaufen, die hyperschallschnelle Schiffsabwehrwaffe „Zirkon“ sei erfolgreich getestet worden, die russische Armee erprobe die luftgestützte Hyperschallrakete „Kinschal“ – kurz: Die USA müssen sich sputen.

Die Vereinigten Staaten fahren mehrere Programme gleichzeitig, gebündelt im Strategiekonzept des „Prompt Global Strike“. Die Absicht hinter dem Vorhaben: Ein gegnerisches Ziel an einem beliebigen Punkt des Planeten innerhalb einer Stunde nach Befehl treffen zu können. Ohne Hyperschallwaffen kann das nicht gelingen.

Treffer und Fehlschläge

Eine Entwicklung für den „Prompt Global Strike“ ist die Lenkwaffe X-51A „Waverider“. Der Erstflug am 26. Mai 2010 wurde als „bedingt erfolgreich“ eingestuft: Weil die Verbindung zur Rakete immer wieder unterbrach und das Flugverhalten zunehmend instabil wurde, lösten die Ingenieure in der dritten Minute nach dem Start die Selbstzerstörung der Rakete aus. In dieser Zeit hatte der „Waverider“ auf Mach 5 beschleunigt.

Enttäuschend war auch der darauffolgende Test im Frühjahr 2011: Erst hatte das Triebwerk der Booster-Stufe nicht gezündet, dann trennte sich die Booster-Stufe nicht von der Rakete. Schließlich misslang auch der dritte Testversuch im August 2012: In der 17. Flugsekunde geriet die Rakete außer Kontrolle und stürzte ab in den Pazifik.

Am 1. Mai 2013 startete die Rakete dann von Bord eines B-52-Bombers. Der Gefechtskopf erreichte die Höhe von 18.200 Kilometern und beschleunigte auf 5,1 Mach. Innerhalb von sechs Sekunden legte die Rakete 426 Kilometer zurück.

Geplant war es, die X-51A „Waverider“ schon 2017 in Dienst zu stellen, immer wieder aber wird die Truppeneinführung verschoben. Vor 2020 ist mit der Einsatztauglichkeit der Rakete nach jüngsten Angaben nicht zu rechnen.

Ein weiteres Hyperschall-Programm des Pentagons ist die „Advanced Hypersonic Weapon“ (AHW). Verantwortlich für das Projekt zeichnet die US Army. Das Konzept: Ein bis zu 6.000 Kilometer entferntes Ziel soll mit unkonventionellem Gefechtskopf innerhalb von 30-35 Minuten bekämpft werden können. Die zulässige Zielabweichung darf höchstens zehn Meter betragen. Zwei Teststarts haben die Entwickler vorgenommen, einen davon erfolgreich.

Die Erkenntnisse aus dem AHW-Programm sollen in die Entwicklung des „Tactical Boost Glide“ eingehen, eines taktischen Lenkgleiters, der seit März dieses Jahres vom Raytheon-Konzern im Auftrag des Pentagons entwickelt wird. Auf der Website des Konzerns heißt es, der Gleiter soll vermittels einer Rakete auf über 6000 km/h beschleunigen. Nach der Entkopplung von der Trägerplattform manövriert der Kampfgleiter mit Hyperschallgeschwindigkeit ins Ziel – so sei er schwerer abzufangen.

Eine andere Hyperschallwaffe der USA ist inzwischen Geschichte: Seit 2003 entwickelten die DARPA (die Forschungsabteilung des Pentagons) und die US Air Force gemeinsam das „Falcon HTV-2“. Am 20. April 2010 fand der Erstflug statt. Das Fluggerät erreichte in den obersten Atmosphärenschichten die zwanzigfache Schallgeschwindigkeit, doch die Bodenstation verlor die Kontrolle über das Gefährt. Am 11. August 2011 startete das Testvehikel zum zweiten Mal – und geriet in der 26 Flugminute außer Kontrolle. Das Projekt wurde eingestellt.

Große Pläne für globale Präsenz

Nun arbeitet die DARPA an zwei Projekten:

gemeinsam mit der USAF am „Hypersonic Air-breathing Weapon Concept“ (HAWC), einer Hyperschallwaffe mit einem Turbinenstrahltriebwerk;

gemeinsam mit der US Army am „Operational Fires“, einer landbasierten Hyperschallwaffe.

An Hyperschallwaffen, die als Gegenstück zur russischen „Kinschal“-Rakete eingestuft werden können, arbeitet Lockheed Martin: am „Hypersonic Conventional Strike Weapon” (HCSW) und am innovativeren „Air-Launched Rapid Response Weapon“ (ARRW). Im April und August 2018 schloss der Konzern entsprechende Verträge mit dem Pentagon im Wert von 928 bzw. 480 Millionen Dollar.

Im Mai dieses Jahres hat das Fachportal „Breaking Defense“ über das „Hypersonic Weapons System“ berichtet, eine landbasierte Hyperschallwaffe. Auf einem Sattelauflieger ist eine Startvorrichtung montiert: ein Doppelcontainer, geladen mit dem „Common Hypersonic Glide Body“ (C-HGB), einem hochmanövrierfähigen Hyperschallgleiter. Bewegt wird die mobile Anlage von einer vierachsigen Zugmaschine.

Entwickelt wird das System im Auftrag der amerikanischen Armee, Luftwaffe und Marine von Sandia National Laboratories, einer Forschungseinrichtung des US-Energieministeriums. Nach offiziellen Angaben soll das System die achtfache Schallgeschwindigkeit erreichen können. Für 2021 sind die Tests angesetzt.

sputniknews


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